„Talahon“-zwischen Jugendsprache und Ausländerfeindlichkeit

„Talahon“-zwischen Jugendsprache und Ausländerfeindlichkeit

Seit 2022 taucht immer öfter, vor allem unter Jugendlichen, das Wort „Talahon“ auf. 2024 belegte es den 2. Platz der Jugendwort des Jahres-Umfrage des Langenscheidt, auf TikTok kursieren 41.800 Videos unter dem #talahon, es gibt sogar einen trendenden KI-Song, ein echter Ohrwurm. 

Jedoch ist der Begriff in vielen Augen negativ konnotiert.In der BILD wurde im Juli 2024 einen Artikel unter dem Titel „Jung und frauenfeindlich: Wer sind die Talahons vom TikTok-Trend?“, dessen Titel jedoch geändert wurde, veröffentlicht. Der Rapper Animus äußerte sich besorgt im Spiegel, es sei ein Ersatz für den Begriff „Kanake“ und würde als Freifahrtschein für Rassismus verwendet werden. 

Handelt es sich also nicht nur um Jugendsprache, sondern um Alltags-Ausländerfeindlichkeit? 

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir das Wort definieren.
Das ist gar nicht so einfach, denn es handelt sich um einen Neologismus, eine Wort-Neuschöpfung, deren Definition erst noch entsteht. ChatGPT kennt den Begriff gar nicht. 

Er stammt vom arabischen „taeal huna“, was übersetzt „Komm mal her!“ bedeutet. In der deutschen Popkultur tauchte der Begriff erstmals 2022 auf, als der deutsch-marokkanische Deutschrapper Hassan den Song „Ta3al Lahon“ veröffentlichte. Der Langenscheidt definiert „Talahon“ so: „wird genutzt von und für Menschen mit stereotypen Merkmalen oder Verhalten, Beispiel: Mit meiner Brusttasche fühle ich mich heute wie ein Talahon.“ 

Doch um was für Merkmale geht es? 

Jungs mit Bauchtasche, Gucci-Cap, Nike TNs und Jogging Anzug? Geht es nur um einen Style, von Kapital Bra, 187 und La Haine geprägt?
Nein, oft gilt auch ein Migrationshintergrund zu den Merkmalen. Gleichzeitig auch Frauenfeindlichkeit, Schattenboxen und Aggressivität. Genau dann wird es problematisch: Eine Menschengruppe wird wegen ihres Migrationshintergrundes auf Talahons, im Sinne von „assozialen Ausländern“, reduziert. 

Und gesamtgesellschaftliche Probleme wie Sexismus werden einer kleine Menschengruppe, einer Minderheit zugeschrieben, so wie in dem bereits erwähnten BILD-Artikel. 

In einem anderen BILD-Artikel werden sie so beschrieben: „Sie sind 14 bis 25 Jahre alt, meistens Migranten, oft mit deutschen Pässen – und sie haben ein Weltbild aus dem Mittelalter. Sie sind die „Talahons“! Frauenfeindlich, sexistisch, patriarchisch und gewaltverherrlichend.“ 

Dieses Image hat auch YouTuber Pumping mnky gefördert. Er filmt eine Art Dating-Format in Frankfurt, welches dafür bekannt ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund aggressiv und beleidigend auftreten. In den Kommentaren werden diese beleidigt und als Talahons bezeichnet. In diesem Fall ist der Begriff wohl nicht positiv gemeint, sondern ausländerfeindlich. 

Wie bereits erwähnt, entsteht die Definition des Wortes aber erst noch. 

TikToker Mahmoud benutzt den Begriff anders, er inszeniert sich selbst als „Talahon“, und nennt sich auch so. In diesem Fall ist der Begriff in keiner Weise beleidigend oder ausländerfeindlich gemeint, sondern eine Art Selbstermächtigung. Der Begriff entstand von der Migrations-Community für die Migrations-Community, von Hassan für beispielsweise Mahmoud. 

Es gibt also noch keine feste Definition, und es liegt schlussendlich an uns, welche Definition sich durchsetzt. Ob wir es als Ausländerfeindlichkeit oder als Selbstermächtigung einer Minderheit benutzen. 

#mh

Quelle:
https://www.youtube.com/watch?v=CmOEdrkoLgc
https://www.spiegel.de/kultur/tiktok-trend-wer-ist-ein-talahon-a-630b5d73-3109-43da-9ad2-d359dc79563c 

Aktuelles

Weitere News

HGS-Sekretariat

Sie haben Fragen

Wir haben ein offenes Ohr für Sie!
Kontaktieren Sie uns unter:

+49 7731 95710

info@hgs-singen.de

Wir sagen Danke

Freunde und Partner